Stopps. So wichtig. Und trotzdem wendet sie nicht jeder automatisiert an.
Nicht nur, dass ein Stop-Loss dein Bodyguard ist. Der dich und dein Kapital schützt. Deine wichtigste Ressource an der Börse.
Er nimmt dir auch die ständige emotionale Qual, wann nun genug wirklich genug ist und du die Reißleine ziehen sollst.
Plane deinen Trade, trade deinen Plan
Ich sage ganz klar: wer sich Trader nennen möchte, und nicht schon beim Einstieg in eine Position weiß, wo seine Schmerzgrenze liegt, hat keinen Plan. Und ohne Plan findest du nicht ans Ziel.
Das ist wie mit dem Auto in den Urlaub fahren ohne Navi. Irgendwie kommst du vielleicht sogar an. Aber sicher nicht auf der kürzesten Strecke. Und sicher nicht mit einer gut gelaunten Frau und entspannten Kindern.
Ich spreche hier bewusst nicht von langfristigen Investments. Da ist ein (zu) enger Stopp manchmal sogar kontraproduktiv.
Trotzdem solltest du dir auch dann eingestehen können, wann dein Investment-Case gescheitert ist.
Man liest jetzt wieder viele so tolle Aussagen wie “na jetzt brauch ich auch nicht mehr verkaufen nach -XY%“, oder “Ich glaube immer noch an das Unternehmen”.
Fun Fact: wie gelangt eine Aktie von -80% Kursverlust auf -90%? Ist ja kein großer Unterschied mehr, oder?
Indem sie noch einmal die Hälfte an Wert verliert! Und dann +900% Performance braucht um wieder am Ausgangspunkt anzugelangen.
Das wird 9 von 10 Lesern noch nicht in diesem Ausmaß klar gewesen sein.
Stop-Loss sind kein heiliger Gral
So wichtig das Setzen und Einhalten von Stopps auch sind: ein Allheilmittel sind sie leider nicht.
Denn der Stoppkurs ist kein garantierter Ausführungskurs. Diese Frage kommt auch immer wieder.
Wird dein Stoppkurs erreicht, wird daraus eine Market- oder Bestens-Order. Die Position wird dann zum nächsten verfügbaren Kurs glattgestellt.
Der kann dann manchmal ein ganzes schmerzhaftes Stück schlechter sein als geplant. Vor allem bei den berühmten Gaps. So wie kürzlich bei Upstart Anlegern eindrucksvoll widerfahren ist. Ich war einer davon. Wegen anstehender Quartalszahlen und der Gewöhnungsphase an den neuen Gratisbroker Freestoxx wenigstens nur mit einer Miniposition, und damit mit einem blauen Auge davon gekommen:
Vor den Earnings saß Upstart bereits auf -80% seit dem Hoch. Danach waren es -93%.
Klar könnte das jetzt das Tief gewesen sein. Ist möglich. Der ein oder andere hat sich sicher auch schon eingeredet, in seiner Beziehung jetzt das Tief gesehen zu haben. Es also nur noch aufwärts gehen kann. Aber warum weiter Energie und Geld mit Verlierern verschwenden.
Ein Stopp ist wie ein guter Kumpel der dich aus einer toxischen Beziehung reißt.
Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Nutze die Vola
Nun zum praktischen Teil, denn vielen fällt es schwer, sinnvolle Stoppabstände zu finden und einzuhalten.
Da gibt es nicht die eine universelle Methode. Manche wollen Stopps nach der Markttechnik setzen. Unter das letzte lokale Tief bei Longs, oder über das letzte Hoch bei Shorts.
Das mag einleuchten, hat aber den Nachteil der Durchschaubarkeit. Und was offensichtlich ist, ist leichte Beute für die Haie.
Ich bin ein großer Fan von Stopps, die sich von der aktuellen Volatilität ableiten.
Der sogenannte ATR-Stopp (Average True Range). Die ATR ist ein Maß für die durchschnittliche tägliche Schwankungsbreite eines Werts vom Tagestief zum Tageshoch in den letzten X Perioden.
Nimmt die Action zu, werden Stopp und Kursziel damit automatisch mehr Raum gegeben.
Schlafen einem Wert die Füße ein, liegen die Exits näher am aktuellen Kurs.
Dieser Indikator ist in jeder Chartsoftware standardmäßig enthalten. In der Regel zu finden als ATR, oder Average True Range, oder seltener als Volatility bzw. Volatilität.
Der perfekte Stopp-Loss für Einsteiger
Welche Einstellung wählt man nun? Die 1-fache ATR, die 3-fache? Oder viel enger, für ein besseres Chance-Risiko-Verhältnis?
Die Antwort darauf, und damit dein perfekter Stopp, hängt von deinem Setup ab.
Aber hier mein handfester Tipp: sehr viel öfter als nicht liegt dieser Wert im Bereich 1,3 bis 1,6 ATR.
Im jüngsten Call der laufenden Echtgeld-Challenge haben wir uns 4 Strategieideen von Teilnehmern zur Brust genommen, was potentielle ideale ATR-Stopps betrifft.
Und 3 davon lagen in diesem Bereich.
Wenn du nicht weißt wie du anfangen sollst, starte mit einem Stopp von 1,5 ATR.
Dokumentiere deine Ergebnisse, und taste dich ran an engere oder weitere Stopps.
Wenn du 100 Trader-Ikonen interviewst (legendäres Buch: Magier der Märkte) und nach ihren Erfolgsgeheimnissen fragst, wird am häufigsten genannt:
Halte deine Verlierer klein. Der Rest kommt dann (fast) von alleine.
Einen smarte Woche wünscht dir,
Michael
PS: wer sein Risiko nicht diszipliniert begrenzt, wird früher oder später kein Konto mehr haben.
Ja, ausgestoppte Trades die dann wieder drehen schmerzen.
Aber nicht so sehr wie eine Position die erst 10% im Minus ist. Dann 20. Dann 40%…um bald als Leiche in deinem Depot rum zu geistern, die dir den Schlaf raubt.
Wenn du nicht weißt, wo du starten sollst, nimm die 1,5 fache Vola (ATR) über die letzten 10 Perioden als Ausgangspunkt.
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